VfL Platte Heide: Der ungewöhnliche Weg von Nina Werthschulte

30.10.2023, 19:06 | Burkhard Granseier

Nina Werthschulte (links, hier im Gespräch mit Oesberns Trainer Robbi Hanbücken) pfeift seit gut einem Jahr für den VfL Platte Heide und ist schon weit gekommen. Foto: Dietmar Reker

Platte Heide – Eigentlich sollte es schon eine Selbstverständlichkeit sein. Doch als die Französin Stefanie Frappart bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar die Partie zwischen Deutschland und Costa Rica leitete, war die Aufregung groß. Die Französin war die erste Frau, die ein Länderspiel der Herren leitete. Einige Monate zuvor vermeldeten die Fußballer des VfL Platte Heide, dass sie mit Nina Werthschulte erstmals eine Schiedsrichterin melden. Und die ist gleich richtig durchgestartet.

Dass eine Schiedsrichterin im Fußballkreis Iserlohn auch heutzutage keine Selbstverständlichkeit ist, weiß Matthias Luig, der Jugendleiter des VfL Platte Heide. „Das ist einfach schade. Jedenfalls hat es das beim VfL noch nicht gegeben“, sagt Luig. Der Platte Heider gerät ins Schmunzeln, wenn er an den Weg von Nina Werthschulte zur Schiedsrichterin denkt.

Aus Trotz Schiedsrichterin geworden

„Das war eine Trotzreaktion. Nina spielt ja bei uns in der Damen-Mannschaft und trainiert eine Jugendmannschaft“, erzählt Matthias Luig. „Als Trainerin der Mädchenmannschaft habe ich mich extrem geärgert, dass wir nie Schiedsrichter bekamen. Weil der VfL Platte Heide das Schiri-Soll nicht erfüllt hätte“, erinnert sich Nina Werthschulte und fasste einen folgenschweren Entschluss. „Ich habe Matthias Luig gesagt, er solle mich für den nächsten Schiedsrichter-Lehrgang anmelden. Ich wollte dann die nötigen Spiele leiten, damit wir das Soll erfüllen“, verrät die 23-jährige Studentin. Doch es kam alles anders. „Ich habe festgestellt, dass mir das richtig Spaß macht“, genießt Nina Werthschulte ihren neuen Job an der Pfeife. „Es ist einfach unheimlich interessant, was rund um ein Spiel passiert. Wie sich eine Partie entwickelt“, erklärt Werthschulte.

Am Sonntag stand die Partie in der Bezirksliga 5 zwischen dem SV Rothemühle und dem TuS Plettenberg im Kreis Olpe an. Eine Tour, die um 12.40 Uhr daheim begann und abends kurz vor 19 Uhr endete.

Zeitintensive Tätigkeit

Der zeitliche Aufwand gehört für Nina Werthschulte dazu. „Es ist ja nicht so, dass man gleich nach dem Abpfiff sofort ins Auto steigt“, sagt die Unparteiische. Das heißt nach dem Abpfiff die Aufarbeitung der Partie. Spielbericht, Gespräche mit den Vereinsverantwortlichen. Und wenn die Chemie stimmt, dann dauert der Plausch mit dem Gastgebern ein paar Minuten länger. „Ich bin in Rothemühle vom Verband beobachtet worden. Das ist recht gut für mich gelaufen“, konnte Nina Werthschulte noch ein persönliches Erfolgserlebnis für sich verbuchen.

Dass sie nach knapp mehr als einem Jahr als Schiedsrichterin schon überkreislich unterwegs ist, ist keine Selbstverständlichkeit. Sie wird von den Mannschaften voll akzeptiert. „Das ist schon in Ordnung so. Natürlich gibt es auch den früheren Oberligaspieler, der mir jetzt als 34-, 35-jähriger Routinier die Regeln erklären will. Dem mache ich dann aber deutlich, dass sich in den vergangenen Jahren auch einiges verändert hat“, löst Nina Werthschulte eventuelle Probleme mit Schlagfertigkeit. Für die junge Dame des VfL Platte Heide heißt das auch, dass die Zeit knapper wird.

Spiele extra verlegt

„Meine Mutter hat schon gesagt, dass ich ja doch schon sehr oft für den Fußball unterwegs wäre“, scheint sie sich mit dem Hobby der Tochter abgefunden zu haben. Die Mitspielerinnen aus der Damen-Mannschaft des VfL Platte Heide haben auch schon reagiert. Damit sie vor den Einsätzen als Schiedsrichterin auch noch hin und wieder selbst spielen kann, wurde die Anstoßzeit der Heimspiele der Damen extra früh auf den Sonntagvormittag gelegt.

Allein die Mädchenmannschaft des VfL Platte Heide muss nun häufiger auf das Mitwirken von Nina Werthschulte als Trainerin verzichten. „Das machen dann Laura Heimann und Vivien Ebbers alleine“, erzählt Werthschulte. Dass sie als Schiedsrichterin gerne noch ein paar Ligen höher pfeifen möchte, verschweigt die Platte Heiderin nicht. „Das ist natürlich ein Ziel“. Doch aktuell gibt es ein Ziel, das über allem steht: Das Lehramtsstudium für Chemie und Sozialwissenschaften an Gymnasien und Gesamtschulen an der Uni Dortmund.

©Westfalenpost Menden

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